Hoffnungslos, benachteiligt, wütend – Peru in der Krise

Coworkers – Peru

Stadtbevölkerung gegen indigene Bevölkerung auf dem Land. Arme gegen Reiche. Demonstranten gegen Polizei. Die Unterschiede, die es in Peru schon lange gibt, könnten kaum größer sein. Die Politik scheint auf diese sozialen Fragen keine Antwort zu finden. In der Folge gab es sechs peruanische Präsidenten – in den letzten fünf Jahren. Und alle Präsidenten seit 1990 erhielten eine Anklage wegen Korruptionsverdacht. Auch der letzte Präsident Castillo hatte versprochen, sich der Probleme zu stellen und Lösungen dafür zu finden.

Doch die Probleme in Peru wurden in den letzten Jahren nicht weniger, sondern mehr. Die Pandemie traf das Land extrem stark. Peru hält den traurigen Rekord der höchsten Todesrate im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Das wirkte sich auch stark auf die Wirtschaft aus. Hinzu kamen eine schwere Dürre, steigende Preise und eine daraus resultierende Nahrungsmittelkrise.

Wohin mit der Verzweiflung?

Diese Verzweiflung entlädt sich in teilweise gewaltsamen Protesten, die durch die Amtsenthebung von Castillo Anfang Dezember ausgelöst wurden. Die Demonstranten besetzten Flughäfen und Zufahrtsstraßen. Als Antwort feuerten Beamten in der Hauptstadt Lima Tränengas in die Menge – die Steine der Gegner folgten prompt. Die Regierung von Castillos Nachfolgerin Dina Boluarte hat mittlerweile den Ausnahmezustand über das Land verhängt. Seit Beginn der Proteste kamen in dem südamerikanischen Land bereits mehr als 50 Menschen ums Leben.

Wie geht die Arbeit von Coworkers im Land weiter?

Coworkers ist eng mit den Christen in Peru verbunden. Wir haben Freiwillige, die sich im Land engagieren. Anna, eine unserer Freiwilligen, hat uns dieses Video von den Aufständen geschickt. Seht selbst, was in Peru los ist. Den Freiwilligen geht es gut. Sie haben eine Weile das Haus nicht verlassen. Das ist jetzt wieder möglich. Wir wissen sie gut begleitet durch unsere Partner vor Ort. Ein geplantes Zwischenseminar Ende Januar in Peru musste aufgrund der Situation abgesagt werden. Die Leiterin von Coworkers Freiwillige, Désirée Schad, erklärt: „Es war unklar, ob wir zu jeder Zeit gut zum Flughafen kommen würden und die Straßen frei sein werden. Deshalb wollten wir nicht 15 Leute an einem Ort zusammenkommen lassen. Wenn man lange Zeit dort ist, ist das unproblematisch, dann muss man im Zweifel eine Weile warten, für so eine kurze Zeit ist das aber nicht machbar.“

Der Arbeitszweig Projekte arbeitet hauptsächlich mit der wohl am meisten benachteiligten Gruppe im Land zusammen: den Indigenen. Gemeinsam mit indigenen Missionsorganisationen und Gemeindeverbünden führen wir ganzheitliche Projekte durch. So sollen die Gemeinden beim gesunden Wachsen gefördert und die Menschen in ihrer Not gesehen und unterstützt werden. Konkret bringen wir uns derzeit in der Wasserversorgung, bei einem christlichen Radiosender und Alphabetisierungskursen anhand der Bibel ein. In der Corona-Pandemie haben wir durch unsere Partner Nothilfe bei den besonders betroffenen Indigenen geleistet.

„Die Situation ist weiterhin angespannt."

Unsere Coworkers Fachkraft Mona ist seit Januar 2022 in Peru und arbeitet bei der peruanischen NGO casayohana. Bei casayohana werden Familien unterstützt, die Kinder mit Beeinträchtigungen haben. Als Physiotherapeutin hilft Mona bei der Entwicklung ihrer Gesundheitsprogramme, schult die einheimischen Mitarbeiter, behandelt die Kinder mit Behinderung und berät die Familien in der Versorgung ihrer Kinder. Hier berichtet Mona von der aktuellen Situation:

„Die Situation ist weiterhin angespannt. Die Menschen sind wütend und demonstrieren auf der Straße. Diejenigen, die nicht mehr streiken wollen, werden zum Teil unter Androhung von Strafzahlungen und Streichung von Hilfsgeldern gezwungen mitzumachen.  Die Straßen sind blockiert, sodass auch keine Lebensmittel mehr geliefert werden können. Langsam geht hier das Essen aus, außer den Produkten, die in der Region angebaut werden.  Die wenigen Lebensmittel, die es hier gibt, werden immer teurer. Gas gibt es mittlerweile schon gar nicht mehr.

Die Familien, die wir betreuen, leben alle in extremer Armut und können sich deswegen keine so teuren Lebensmittel leisten. Da reicht auch das monatliche Lebensmittelpaket nicht aus, das sie von uns erhalten. Mal abgesehen davon, dass wir bald auch nichts mehr einkaufen können. Zudem wurden mehrere Geldautomaten beschädigt und Bargeld kommt durch die Blockaden auch nicht mehr nach. Das ist der Grund, warum die Menschen bald auch nichts mehr haben, womit sie bezahlen könnten.

Viele Kinder können gerade nicht zu ihren Therapien kommen, da sie an den Straßenblockaden aufgehalten werden und der Weg zum Laufen zu weit ist. Zum Teil werden sie gejagt und geschlagen, wenn sie sich nicht am Streik beteiligen wollen. Es macht auch keinen Unterschied, wenn man den Kindern die Behinderung ansieht.
Wir selbst gehen auch so wenig wie möglich aus dem Haus, da immer die Gefahr besteht, einer streikenden Gruppe zu begegnen. Mittlerweile gehen wir aber doch jeden Tag in die Arbeit und versorgen die Kinder, die in der Nähe wohnen und ohne Gefahr kommen können.

Gerade am Anfang hatte ich viele Probleme mit dem Gefühl des „Eingesperrt Seins“. Sich auf einmal nicht mehr frei bewegen zu können und jeden Schritt absprechen zu müssen, hat mich sehr belastet. Da ist mir wieder bewusst geworden, wie abhängig wir von Gott sind und wie selbstverständlich wir annehmen, ja sogar verlangen, dass der Herr für uns sorgt und uns bewahrt. Aber der Herr hat es vorhergesagt, in Johannes 16,33 sagt er: „Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis, aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.“
In dieser Zuversicht gehen wir jeden Tag voran und versuchen uns gebrauchen zu lassen in dem Glauben, das alles einen Sinn hat.“

Wofür kann ich konkret beten?

Unsere Projektpartner, Freiwilligen und Fachkräfte beten viel. Sie leben insgesamt und besonders im Hinblick auf die aktuelle Situation im Vertrauen auf Gott. Und so wollen auch wir für die Menschen in Peru beten und vor allem dafür, dass die Christen sich dafür einsetzen, dass Konflikte friedlich ausgetragen werden. Betet ihr mit?

Mona schreibt: „Bitte betet für Peru, ein schönes und sehr reiches Land, das aber leider von Korruption, sozialer Ungerechtigkeit und Diskriminierung gezeichnet ist. Bitte betet, dass durch die Unruhen doch eine Veränderung bewirkt werden kann, die zu einer Verbesserung gerade für die arme Bevölkerung führt. Dass die Unruhen bald aufhören und wieder Lebensmittel und anderes geliefert werden können. Betet für casayohana, für unsere Familien, für unsere Mitarbeiter und für unsere Gründerin, die jeden Tag schwierige Entscheidungen zu treffen hat.“

Vielen Dank, wenn ihr mit uns betet!